Geschichte des LSV – Fliegen…

Die Sehnsucht des Menschen, wie ein Vogel zu fliegen, ist so alt wie die Menschheit selbst. In Schramberg und Umgebung hat der Flugsport zu einem frühen Zeitpunkt, Ende der 20 Jahre, seinen Ausgang genommen.

Otto Lilienthal war der erste, dem es im Jahr 1891 gelang, Vögeln gleich in der Luft zu schweben. Systematisch hatte er die fliegerischen Grundlagen aus der Beobachtung des Vogelfluges erforscht und seine Erkenntnisse praktisch verwertet. Seine Gleitflieger besaßen jedoch noch keine Steuereinrichtungen. Sie wurden im Flug durch Verlagerung des Körpergewichts ausbalanciert.

Die Gebrüder Wilbure und Orville Wright bauten 1903 auf Lilienthals Erfahrungen auf. Sie erfanden nicht nur die notwendigen Steuereinrichtungen, um das Flugzeug in der Luft zu beherrschen. Sie waren auch die ersten, die mit eingebautem Motor flogen.

Die Ursprünge des Flugsports in Schramberg

In Schramberg, so erzählt man sich, war es ein Bürger namens Heinzmann, der erste Flugversuche mit einem aus Bambusstäben konstruierten Flugapparat unternahm.

Im ersten Weltkrieg wurde das Flugzeug zur Waffe. Nach Deutschlands Niederlage verbot deshalb der Versailler Vertrag den Deutschen das Fliegen, zumindest das motorgetriebene. Dieses Verbot aber trug den Kern des heutigen Segelfliegens in sich, denn die Sehnsucht nach dem Fliegen ließ sich nicht verbieten.

Als Ersatz für den nach dem ersten Weltkrieg verbotenen Motorflug versuchten einige junge Deutsche in den 20er Jahren den fast vergessenen Gleitflug nach dem Vorbild segelnder Vögel weiterzuentwickeln. So kam es zum Segelflug, einem motorlosen Gleitflug, der unter Ausnutzung der Naturkräfte Sonne und Wind in einen Steig- und Streckenflug umgewandelt wird.

Die Möglichkeit, Segelflugzeuge selbst zu bauen, sowie ihr verhältnismäßig günstiger Betrieb machte den Segelflugsport bald zu einer populären Freizeitbeschäftigung mit Breitenwirkung. In weiten Teilen Deutschlands, insbesondere in Baden-Württemberg, bildeten sich erste Fliegergruppen. So auch in Schramberg, als 1928 die ersten ernsthaften Bestrebungen unternommen wurden, Interesse für den Flugsport zu wecken.

Wolf Hirth,

legendärer Flugzeugbauer und Weltrekordsegelflieger, wurde auch in Schramberg zum Initiator des Flugsports. Hirth, der bereits sämtliche Flugscheine erworben hatte und durch Flugzeugkonstruktionen und Segelflugrekorde von sich reden machte, widmete sich der Gründung und Verbreitung von Fluggruppen im Land. Als technischer Mitarbeiter im ”Württembergischen Luftfahrtverband” reiste er unermüdlich umher und warb durch Vorträge und Schauflüge für den Segelflug.

Nach Schramberg wurde Hirth jedoch durch besondere Umstände gebracht. Ihn zog es zu seinem Onkel in der Fünftälerstadt, und dieser Onkel war niemand Geringeres als Dr. Helmut Junghans. Hirth konnte Onkel Junghans von der Fliegerei begeistern und ihn somit als Förderer das Schramberger Flugsports gewinnen.

Es kam zur Gründung einer Flug- und Arbeitsgruppe in Schramberg, kurz FAG genannt, die erste Keimzelle des heutigen Luftsportvereins Schwarzwald. Die neuen Flugsportler gruppierten sich in erster Linie aus der Lehrlingschaft der Junghans-Werke, in deren Werkstätten, der sogenannten H.A.U., die ersten Flugzeuge gebaut wurden.

1932 erfolgte die offizielle Gründung der FAG Schramberg. In dieser Zeit entstand auch das erste Flugzeug im Eigenbau: ein von Wolf Hirth konstruiertes Gleitflugzeug mit der Typen­bezeichung Hi 2. Bald folgte ein zweiter Eigenbau, die ”Grüne Post”, ein Segelflugzeug, gebaut nach den Plänen der damals bekannten Zeitung dieses Namens.

Ausziehen, laufen, los,…

Der Flugbetrieb in seinen Anfangsjahren

Der Flugbetrieb der im Jahr 1932 gegründeten Flug- und Arbeitsgruppe Schramberg, die bald in Segelfluggruppe Schramberg umbenannt wurde, fand meist am Fluggelände Hoher Karpfen bei Spaichingen statt. Dieser unbewaldete Hang bot die idealen Voraussetzungen für den Segelflug der Anfangszeit. Zwei Gummiseile katapultierten den Gleiter in die Luft.

Doch bis es soweit war, mussten die Flugschüler erst einmal pendeln lernen. Zum Pendeln wurde das Fluggerät in den Wind gestellt. Der werdende Flieger lernte die Funktion der Flugsteuerung kennen, indem er versuchte, die Tragfläche möglichst waagerecht mit der Steuerung im Wind zu halten.

Nach diesen ersten Übungen war die Stunde der Wahrheit, der erste Start, gekommen. Dieser erste Start war automatisch der erste Alleinflug, der heutzutage nach ca. 60 Starts mit Fluglehrer absolviert wird. Damals musste der Fluglehrer am Boden bleiben, denn doppelsitzige Maschinen gab es noch nicht. Also wurde dem Flugschüler theoretisch erklärt, was er beim Fliegen zu beachten hat. Nachdem der nötige Mut gefasst war, wurde der Flieger in dem noch völlig offenen Führersitz festgeschnallt.

Der Gleiter wurde oben am Berg in Startposition gebracht und der Hecksporn an der sogenannten Startfalle befestigt. Auf das Kommando ”Ausziehen” wurden die Gummiseile von der Startmannschaft gestrafft. Auf ”Laufen” rannte die Startmannschaft den Hang hinunter, auf ”Los” gab der Mann an der Startfalle das Segelflugzeug frei. Durch den Zug der von der Startmannschaft vorgestrafften Seile wurde das Segelflugzeug in die Luft katapultiert. Doch die mit Menschenkraft betriebene Startmethode bescherte nur einige wenige Sekunden Flugzeit, ehe der Gleiter am Hangende wieder aufsetzte und zum Stehen kam. Danach wurde der Segler von der Bodenmannschaft für den nächsten Start wieder nach oben transportiert. Aus heutiger Sicht betrachtet, standen Arbeits- und Flugzeit in einem sehr ungünstigen Verhältnis zueinander. Doch die Männer der ersten Stunde freuten sich über jeden kleinen Hüpfer. Die Flugbegeisterung entlohnte für alle Mühen.

Der Wiederbeginn des Flugsports nach dem Krieg

Der Zweite Weltkrieg unterbrach die Entwicklung des Segelflugs. Erst im Jahr 1951 wurde der Flugsport wieder erlaubt. In Schramberg, aber auch in Dunningen und Winzeln machte sich eine neue Generation von Fliegern begeistert daran, ihre Vision vom motorlosen Segelfliegen zu erfüllen.

Solange das Fliegen in den Nachkriegsjahren verboten war, widmeten sich die Flugbegeisterten dem Bau und Betrieb von Flugmodellen. Mit dieser ersten handwerklichen und fliegerischen Basis wurde schon Anfang der 50er, noch bevor das alliierte Flugverbot aufgehoben wurde, mit dem Bau erster Flugzeugteile heimlich begonnen. Unter der aktiven Förderung durch Vater und Sohn Junghans konnte in Schramberg das erste Segelflugzeug vom Typ “Berneckraab” im Jahr 1952 feierlich getauft werden.

Der Sulgener Hubert Schweizer, der 1949 als 13-jähriger Junge zu den Schramberger Fliegern kam, erinnert sich gerne an die Gründungsjahre nach dem Krieg zurück, die von einem “ganz besonderen Geist geprägt waren”, so Schweizer. Die Mühen für die Fliegerei waren beträchtlich und erforderten reichlich Begeisterung. So fuhren die jungen Flugschüler meist mit dem Fahrrad von Schramberg auf das Klippeneck. Nach einem Flugtag, der für die Flugschüler mitunter ohnen einen einzigen Start ablief, ging es am späten Abend wieder zurück mit dem Rad nach Hause. Der Enthusiasmus, bei der Fliegerei dabei zu sein, übertrug sich auch auf die Schramberger Bevölkerung. Zahlreiche Schramberger verfolgten den Aufbau aktiv mit und halfen den Fliegern mit Geld- und Sachspenden. Die feierlichen Flugzeugtaufen auf dem Schloßplatz und im Bärensaal zogen große Menschenmengen an.

Der Aufbau der Fluggruppe Robert Moser in Winzeln

Auch in Winzeln scharten sich Flugbegeisterte. Die Gründung der Fluggruppe Robert Moser im Jahr 1951 war vor allem auf Otto Lamprecht, in Winzeln als “Lindenwirt” bekannt, zurückzuführen. Lamprecht hatte bereits in den 30er Jahren die ersten Flugapparate gebaut. Unter seiner Anleitung baute die Jugend in den Nachkriegsjahren zuerst Flugmodelle und später zahlreiche Segelflugzeuge. Begonnen wurde mit dem Schulgleiter SG 38, im Jahr 1955 erfolgte der Kauf eines doppelsitzigen Schulungsflugzeuges vom Typ “Rhönlerche”.

Der Namensgeber des Vereins indes, Robert Moser, war ein Winzler Flugpionier ganz anderer Art. Moser arbeitete als Bordmechaniker auf dem Luftschiff LZ Hindenburg und war eines der Opfer der tragischen Explosion der Hindenburg im amerikanischen Lake Hurst.

Der Flugbetrieb der FG Robert Moser fand in den 50er Jahren überwiegend auf dem Wannenwiesen, unmittelbar vor der Ortschaft Winzeln in Richtung Waldmössingen, statt. Die Schramberger Segelflieger flogen hingegen meist auf dem Klippeneck. Die ersten Motorwinden wurden eingesetzt und erlaubten deutlich größere Starthöhen.

Zudem konnte mit doppelsitzigen Schulflugzeugen vom Typ Doppelraab und Rhönlerche unter der Anleitung eines Fluglehrers das Fliegen erlernt werden.

Nachdem schon zu Beginn der 50er Jahre mit Modellflügen die besonders guten Thermikbedingungen im Umfeld des heutigen Flugplatzes festgestellt worden waren, erhielt das Gelände 1958 die Zulassung für den Flugbetrieb. Über viele Jahre folgte der Aufbau des Fluggeländes durch die Winzler Flieger, der die aktive Fliegerei häufig in den Hintergrund rückte.

Der Bau der Segeflughalle konnte als wichtiger Meilenstein im Jahr 1966 abgeschlossen werden.

Fliegen im LSV Schwarzwald – das Erbe Wolf Hirths

Die Aufbaujahre der Fluggruppen Schramberg und Winzeln in den 50er und 60er Jahren waren mit großen Mühen und auch mit Rückschlägen verbunden. Beide Vereine verloren ihre doppelsitzigen Schulflugzeuge: der Schramberger Verein bereits 1952 durch Windbruch am Boden, die Winzler Flieger durch einen tragischen Absturz im Jahr 1958, an dessen Nachwirkungen der Fluglehrer Johann Ketterer verstarb. Für die erneute Aufbauarbeit war wieder der ganze Fleiß der Vereinsmitglieder gefordert. Alteisen- und Altpapiersammlungen wurden regelmäßig abgehalten. Mit den Erlösen erhielten die Flieger das notwendige Geld, um die Flugzeuge wieder in unzähligen Arbeitsstunden aufbauen zu können.

1969 beschlossen die Schramberger Segelflieger ihren Flugbetrieb auf das nahgelegene Segelfluggelände auf den Eschachwiesen zu verlagern. Im Jahr 1970 erfolgte schließlich die Gründung des Luftsportverein (LSV) Schwarzwald e. V. als Zusammenschluss des LSV Schramberg/Dunningen und der Segelfluggruppe Robert Moser aus Winzeln. Das Segelfluggelände wurde zum Sonderlandeplatz Winzeln-Schramberg weiter ausgebaut und ermöglicht heute rund 300 Mitgliedern die Ausübung des Luftsports – ganz im Sinne Wolf Hirths, der die Fliegerei nach Schramberg gebracht hatte und für den der Luftsport immer ein Breitensport sein sollte.

Heute…

Im Segelflug hat eine neue Generation junger Segelflugsportler das Erbe der hiesigen Flugpioniere angetreten. Mit einer Reihe flugsportlicher Erfolge realisieren die Streckensegelflieger des LSV Schwarzwald die Vision vom motorlosen, vogelähnlichen Flug über weite Distanzen. Seit Beginn der 90er Jahre konnten die LSV-Segelflugsportler mit dem mehrmaligen Gewinn der Deutschen Meisterschaft im Streckensegelflug (Mannschafts- und Einzelwertung) sportliche Bestleistungen erzielen. Gerade die Junioren nahmen außergewöhnlich oft erfolgreich an Landes-, Deutschen- und Weltmeisterschaften teil.

Winzeln ist im deutschen Segelflugsport zu einem Synonym für sportliche Bestleistung und Talentförderung geworden. Im Jahr 1996 wurde der LSV Schwarzwald für die vorbildliche Talentförderung mit dem Förderpreis der Dresdner Bank ausgezeichnet. 2003 gewann der Verein ebenfalls einen Preis für besondere Jugendförderung von der Kreissparkasse.

Doch neben sportlichen Erfolgen steht die Begeisterung am Fliegen weiterhin an erster Stelle. In den Sparten Segelflug und Motorflug kann die Fliegerei ausgeübt werden. Dabei wird insbesondere für Anfänger und jugendliche Flugschüler auf die Finanzierbarkeit des Flugsports im LSV großer Wert gelegt.

Für einen vergleichsweise geringen Pauschalbetrag im Jahr kann im LSV das ganze Jahr der Segelflug betrieben werden. Dies ist durch die aktive Mitarbeit der Mitglieder bei der Überholung und Instandhaltung des Fluggeräts und der gesamten Infrastruktur am Flugplatz möglich. Die Tätigkeit der Fluglehrer im LSV ist darüber hinaus ehrenamtlich. Dadurch wird die Fliegerei weiterhin jedem ermöglicht, der sich dafür begeistert und bereit ist, sich aktiv in die Vereinsarbeit einzubringen.

Heute präsentiert sich der Luftsportverein Schwarzwald mit über 300 Mitgliedern, wobei die Abteilung Segelflug die meisten Mitglieder stellt. Heute wie gestern sind wir im Luftsportverein einer leidenschaftlichen Begeisterung für das Fliegen verbunden. Wir freuen uns deshalb sehr, diese Begeisterung im Rahmen unseres Tages der offenen Tür mit Ihnen teilen zu können.

All dies verdanken wir dem unglaublichen Engagement der Mitglieder des LSV Schwarzwald.